Abmahnungen KFZ - Kennzeichen

(13 Bewertungen, durchschnittlich 4.54 von 5)

In den letzten Jahren wurden immer wieder Domain-Inhaber deren Webseite einen Zusatz enthielt, der auch als KFZ - Kennzeichen existiert (Bsp.:  xyz-hh.de), abgemahnt. Die Firma LVH - Lizenzvertrieb forderte dabei im Jahr 2003 von den Betroffenen unter sehr kurzer Fristsetzung in ca. 6000 Fällen Unterlassung und Schadensersatz wegen angeblicher Patentverletzungen. Pro Abmahnung machten die Anwälte der Firma 1.100,- Euro geltend. Dieses Vorgehen sorgte für große rechtliche Unsicherheit. Verschiedene Staatsanwaltschaften nahmen Ermittlungen wegen Nötigung und Betrug gegen den abmahnenden Rechtsanwalt und seinen Auftraggeber auf. Die Betroffenen wehrten sich mit Klagen auf zivilrechtlichem Wege gegen diese Praxis.

Die rechtlichen Hintergründe

Die Abmahner beriefen sich auf einen Verstoß gegen ein angemeldetes europäisches Patent mit dem Titel “Strukturierungsprogramm für eine Datenverarbeitungsanlage unter Berücksichtigung geographischer Indizierung". Demnach würden Domains mit Kfz-Kennzeichen eine Patentrechtsverletzung darstellen, da sich die Firma die alleinigen Rechte an der Verwendung dieser gesichert habe. Interessant war, dass die Firma ein inhaltlich nahezu gleiches Patent auch in Deutschland anmelden wollte. Dies wurde jedoch vom deutschen Patent- und Markenamt in München rechtskräftig zurückgewiesen. Da das europäische Patent jedoch Geltungskraft hatte, musste auch in Deutschland von der Wirksamkeit ausgegangen werden.

Entscheidungen der Gerichte

Auf unterschiedlichen Wegen gingen die Betroffenen gegen die Abmahner vor. Das LG Düsseldorf folgte zwei negativen Feststellungsklagen von abgemahnten Unternehmen und erklärte die Abmahnungen für rechtswidrig. Aufgrund der Wirksamkeit des europäischen Patents musste jedoch grundsätzlich gegen dieses vorgegangen werden um den Abmahnungen die Rechtsgrundlage zu entziehen und weitere Abmahnungen zu verhindern. Mit diesem Ziel wurden von den Betroffenen zwei Nichtigkeitsklagen beim Bundespatentgericht eingereicht, die Ende 2004 zu einer Klage verbunden wurden. Anzeige: Navigationssysteme günstig kaufen bei Amazon im Navigationssysteme Shop TomTom Garmin, Becker und mehr.
Das Gericht erklärte das streitgegenständliche europäische Patent EP 1 163 612 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig. Die Kläger machten geltend, dass der Gegenstand des Patentes keine technische Erfindung (im Sinne des Art. 52 Abs.1 EPÜ), nicht neu (Art. 54 EPÜ) und auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ) beruhe. Der Beklagte berief sich auf genau diese Merkmale. Das Gericht erläuterte, dass weder das Anlegen einer spezifischen Datenbank noch das Verwenden einer Datenverarbeitungsanlage ausreiche um die obigen Merkmale zu erfüllen. Die Zuordnung der Daten nach KFZ - Kennzeichen hätte ebenfalls technisch erfolgen müssen. Doch gerade diesen Schritt übernimmt der Nutzer des Verfahrens selbst. Die Richter bemerkten abschließend, dass eine erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht vorliege, da es die KFZ - Kennzeichen bereits vor der Patentanmeldung gegeben habe. Eine reine Zuordnung von geographischen Daten reiche dafür nicht. Folglich fehlt es an der notwendigen Schöpfungshöhe. Noch während die Nichtigkeitsklagen beim Bundespatentgericht bearbeitet wurden, verklagte die abmahnende Firma ein Hannoveraner Unternehmen. Dieses betrieb Online-Kleinanzeigenmärkte und hatte zur regionalen Unterscheidung KFZ - Zeichen für die verschiedenen regionalen Kleinanzeigenseiten als Domain registriert. Darin sollte ebenfalls ein Verstoß gegen das angemeldete europäische Patent liegen. Um eine Klage zu vermeiden, verzichtete das Unternehmen schließlich darauf die verschiedenen regionalen Seiten online zu stellen. Nach dem Urteil des Bundespatentgerichts war dies vielleicht ein Fehler, da sich viele der Betroffenen mit anwaltlicher Hilfe erfolgreich gegen die Abmahnungen zur Wehr setzten.

Fazit:

Der unberechtigten Abmahnungswelle hat das Bundespatentgericht einen Riegel vorgeschoben. Aktuell haben Abmahnungen rund um die Verwendung von KFZ -Kennzeichen in Deutschland nur eine geringe Bedeutung. Das damalige Vorgehen der Betroffenen gegen die Abmahner zeigt bis heute Wirkung. Es hat sich gezeigt, dass man Abmahnungen nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern sich mit fundierter rechtlicher Beratung wehren kann.