Abmahnwellen im Internet - Ein Indiz für Rechtsmissbrauch?

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Immer wieder werden Betreiber von Internetseiten oder Internetshops abgemahnt. Oftmals erscheint es fragwürdig, ob hier tatsächlich Wettbewerbsverstöße verfolgt werden oder doch das Gebührenerzielungsinteresse ausschlaggebend ist. Auf Grund der hohen Streitwerte in Verbindung mit den zu erzielenden Gebühren, liegt in vielen Fällen der Anschein eines Rechtsmissbrauches Nahe.

Dies blieb auch den Gerichten nicht verborgen. In mehreren aktuellen Urteilen wurde beim Vorliegen gewisser Indizien dieses wettbewerbswidrige Verhalten als rechtsmissbräuchlich angesehen und einige Massenabmahner erlebten ihr blaues Wunder.

Schlecht für die einen, gut für die anderen. Während die Abmahner auf ihren Kosten sitzen blieben, mussten die Abgemahnten die angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten nicht tragen und auch keine Unterlassungserklärung unterschreiben.

Wann ist eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich?

Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass das Vorliegen eines Missbrauchs im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen ist. So reicht der Umstand, dass ein Wettbewerber eine hohe Anzahl an Konkurrenten abgemahnt hat, allein nicht aus. Es müssen weitere Indizien hinzukommen.

Anknüpfungspunkt ist hier der § 8 Abs. IV UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Hiernach ist die Geltendmachung des Unterlassensanspruch unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Wann dies gegeben ist, wurde in einigen aktuellen Gerichtsentscheidungen festgestellt.

So hat das OLG Hamm in seinem Urteil vom 24.03.2009 (Az.: 4 U 211/08) entschieden, dass eine Abmahnung unter folgenden Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich ist: Es wird immer der gleiche Wettbewerbsverstoß mit einem formelhaften Musterschreiben abgemahnt, es besteht ein starkes Missverhältnis zwischen Geschäftsumsatz und „Abmahnumsatz“ und die Geschäftsfelder der Parteien überschneiden sich nur geringfügig. In diesem Fall war zusätzlich noch die Abmahnerin mit ihrem Rechtsanwalt verwandt.

Ähnliche Erwägungen führte auch das LG Stade in seinem Urteil vom 23.04.2009, Az.: 8 O 46/09 aus. Danach sei eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich, wenn der Umfang der Abmahntätigkeit in einem unangemessenen und unvernünftigen Verhältnis zum betrieblichen Nutzen für die Verfügungsklägerin stehe. Außerdem ist das der Fall, wenn die Hauptmotive der Verfügungsklägerin bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruches sachfremde, für sich gesehen nicht schutzfähige Interessen und Ziele sind (Gebührenerzielungsinteresse).

Das AG Schleiden führte in seiner Entscheidung vom 01.12.2008, Az. 9 C 158/08 folgende Indizien an. Rechtsmissbräuchlich ist Abmahnung dann, wenn sie unzweifelhaft darauf gerichtet ist, gegen den Abgemahnten einen Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten entstehen zu lassen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Abmahnende einen relativ geringen Umsatz erzielt, nach einem erhöhten Streitwert abrechnet und zu den Abgemahnten kein eindeutiges Wettbewerbsverhältnis besteht.

Fazit:

Neben dem Umstand, dass ein Wettbewerber eine Vielzahl an Mitbewerbern abgemahnt hat, müssen noch weitere Indizien hinzukommen. Nur so lässt sich ein Rechtsmissbrauch nachweisen. Zusammengefasst deuten folgende Tatsachen auf ein wettbewerbswidriges Verhalten hin:

  • immer derselbe Wettbewerbsverstoß wir mit dem gleichen Musterschreiben abgemahnt
  • der Geschäftsumsatz und der „Abmahnumsatz“ stehen in einem starken Missverhältnis
  • die Geschäftsfelder der Parteien überschneidet sich kaum
  • der Gegenstandswert ist deutlich zu hoch

Wurden auch Sie abgemahnt, empfiehlt sich zunächst der Gang zu einem spezialisierten Rechtsanwalt. Nur so können Sie Fehler vermeiden, die im Endeffekt richtig teuer werden können.

Autor: Norman Buse