Pornofilm-Abmahnungen

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In den letzten Monaten haben tausende Internet-Nutzer inhaltlich identische Abmahnungen wegen des Anbietens von Pornofilmen erhalten. Dabei wird in vielen Fällen geltend gemacht, dass die Pornos in Tauschbörsen zur Verfügung gestellt wurden und dadurch die ausschließlichen Nutzungsrechte der Rechteinhaber verletzt hätten.

Für in Tauschbörsen angeblich bereit gestellte Filmwerke mit Titeln wie "Gyno-X Nr.16 Hr. Doktor meine Ritze schwitzt" werden dann Pauschalbeträge bis zu 700 Euro gefordert, mit denen dann "sämtliche Kostenerstattungs- und Schadensersatzansprüche aufgrund der gegenständlichen Urheberrechtsverletzung abgegolten wären". Zwar sei vorliegend kein Ermittlungsverfahren eröffnet worden, doch bestehe eine zivilrechtliche Haftung, so die Ausführungen im Abmahnschreiben. Zur Ermittlung der entsprechenden Daten, die als scheinbarer Beweis in den Abmahnungen angeführt werden, wird jeweils behauptet, dass diese mit Hilfe einer "speziell entwickelten Antipiracy-Technologie festgestellt und dokumentiert wurden". Die so ermittelte IP-Adresse sei "im Zuge eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Straftatbestandes des unerlaubten Eingriffs in verwandte Schutzrechte gemäß § 108 I Nr. 7 UrhG" ermittelt und dem Klarnamen der Abgemahnten zugeordnet worden. Aus Scham zahlen viele der Abgemahnten die geforderten Kosten sogleich oder unterschreiben die beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung für Wiederholungsfälle. Ob die Abmahnung rechtlich wirksam ist und die Vorwürfe zutreffen wird dabei nur selten überprüft oder angezweifelt.

Die rechtlichen Hintergründe

In den Abmahnungen wird auf § 94 UrhG verwiesen. Dort heißt es unter Überschrift  "Schutz des Filmherstellers":

(1) Der Filmhersteller hat das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen. Der Filmhersteller hat ferner das Recht, jede Entstellung oder Kürzung des Bildträgers oder Bild- und Tonträgers zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten Interessen an diesem zu gefährden."

(2) Das Recht ist übertragbar. Der Filmhersteller kann einem anderen das Recht einräumen, den Bildträger oder Bild- und Tonträger auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. (...)"

Ob ein Verstoß gegen § 94 UrhG vorliegt ist allerdings genau zu prüfen. Insbesondere geht es dann auch um die Frage, ob das Filmwerk öffentlich zugänglich gemacht wurde (§ 19a UrhG).  In vielen Fällen fallen die Abgemahnten aus allen Wolken.

Ich war es aber gar nicht...

Fällt der oder die Abgemahnte definitiv als Täter aus, so bleibt allenfalls noch eine rechtliche Verantwortlichkeit im Rahmen der so genannten Mitstörerhaftung beispielsweise durch ein offenes WLAN. Hier muss jedoch im Einzelfall überprüft werden, ob eine Haftung des Anschlussinhabers beispielsweise für Familienangehörige oder durch die Nutzung durch Dritten besteht.  In den Pornofilm-Abmahnschreiben wird vieles behauptet und scheinbar durch eine klare aufgeführte Rechtsprechung bestätigt, doch bewiesen wird zunächst rein gar nichts. So ist die abmahnende Kanzlei bzw. der scheinbare Rechteinhaber verpflichtet, einen Nachweis über die tatsächliche Inhaberschaft der ausschließlichen Nutzungsrechte des Porno-Filmwerkes nachzuweisen.

Entscheidungen der Gerichte

Insbesondere bei der Frage, wann ein Anschlussinhaber für geltend gemachte Urheberrechtsverletzungen durch Dritte haftbar gemacht werden kann, ist vieles ungeklärt. So existieren widersprüchliche Entscheidungen der Gerichte wenn es um den Umfang und den Verstoß gegen notwendige Prüfungspflichten geht. Nicht jeder adäquat-kausale Beitrag für eine Rechtsverletzung genügt dabei. Wann welche Prüfungspflichten und Vorsorgemaßnahmen wie beispielsweise die Verschlüsselung eines offenen WLANS zumutbar und im Einzelfall erforderlich sind, beantworten die Gerichte unterschiedlich. In dieser Frage herrscht große Rechtsunsicherheit.

Fazit:

Auch bei den Pornofilm-Abmahnungen gilt wie in anderen Fällen von Massenabmahnungen: Unterschreiben Sie die beigefügte Unterlassungserklärung nicht und lassen Sie die Rechtmäßigkeit der Abmahnung und des darin geltend gemachten Anspruchs von einem spezialisierten Rechtsanwalt überprüfen. Insbesondere sollten Sie das Abmahnschreiben nicht aus Scham oder schlechten Gewissens liegen lassen. Eine offensive Herangehensweise kann nicht nur die Kosten minimieren, sondern bringt auch die abmahnende Kanzlei ins Schwitzen, da diese nicht einfach gleichlautende Schreiben in einer Vielzahl von Fällen verschicken sollen kann, ohne dafür die nötigen rechtlich haltbaren Beweise vorzulegen.

Autor: Philipp Otto